EnerVib
In jeder Betriebsphase des Flugzeugs weisen Leichtbaustrukturen unvermeidliche Vibrationen auf, deren mechanische Energie ungenutzt bleibt. Im Rahmen des Verbundvorhabens EnerVib (Innovative Energiegewinnungskonzepte aus vibrierenden Flugstrukturen) zwischen dem Institut für Strukturmechanik und Leichtbau (SLA) der RWTH Aachen und dem Fachgebiet Systemzuverlässigkeit, Adaptronik und Maschinenakustik (SAM) der TU Darmstadt wird die zentrale Frage geklärt, wie aus schwingungs-kinetischer Energie lokal elektrische Energie generiert, aufbereitet und gespeichert werden kann.
Diese Art des Energy Harvesting wird in EnerVib durch die Ausnutzung des Piezoeffekts realisiert. Werkstoffe mit piezoelektrischen Eigenschaften können unter einer elastischen Verformung eine elektrische Spannung erzeugen und umgekehrt. Im Fokus des Vorhabens stehen auf der einen Seite biogene Holzwerkstoffe, die als nachhaltige, ökoeffiziente Rohstoffe ein vorteilhaftes lasttragendes Verhalten mit piezoelektrischen Eigenschaften in sich vereinen und auf der anderen Seite neuartige Piezoelektretfolien, die gegenüber klassischen Piezokristallen und -Keramiken eine hohe (gewichtsspezifische) Leistungsfähigkeit bei der Wandlung von mechanischer in elektrische Energie aufweisen.
Das SLA untersucht in diesem Zusammenhang insbesondere die elektro-mechanische Leistungsfähigkeit biogener Holzwerkstoffe. Neben der höheren Ökoeffizienz sind die guten Dauerfestigkeitseigenschaften und die Einsatzmöglichkeiten von Holz als Konstruktionswerkstoff für tragende Strukturen weitere technische Vorteile, die dieses biogene Material qualifizieren. Die piezoelektrischen Eigenschaften des Holzes werden durch die kristalline Struktur der Cellulose ermöglicht. Die Innovation besteht darin, die Kombination der guten mechanischen Eigenschaften des Holzes mit der piezoelektrischen Wandlung für das Energy Harvesting auszunutzen.
Im Rahmen von EnerVib wird zunächst eine umfangreiche Charakterisierung der elektro-mechanischen Eigenschaften biogener Holzwerkstoffe bestimmt. Spezifische Kennwerte zur Beschreibung der Leistungsfähigkeit werden ermittelt und eine Materialauswahl getroffen. Vom monolithischen Aufbau der Proben auf Couponebene werden die Möglichkeiten eines mehrschichtigen Aufbaus untersucht. Mit dieser Grundlagenforschung soll die Basis für die Konzeption von multifunktionalen Strukturen und Mechanismen aus Faserverbundwerkstoffen mit integrierten Holzschichten geschaffen werden.
Tragende Hybridstrukturen aus Faserverbund- und Holzwerkstoffen, sowie Tilgermechanismen als Resonatoren, deren Federelemente aus den oben erwähnten piezoelektrischen Wandlermaterialien (Hybridstrukturen und/oder monolithischen Strukturen) bestehen, sollen als Energy Harvester in das Flugzeug integriert werden, um damit eine lokale Versorgung elektrischer Verbraucher zu realisieren. Neben der Reduzierung von aufwendigen Verkabelungen für die Stromversorgung, kann eine Direktspeisung von elektrischen Verbrauchern wie Sensoren, Mikroelektronik etc. erzielt werden. Hiermit eröffnen sich zusätzliche Möglichkeiten für neue technologische Anwendungsfelder durch lokale elektrische Versorgung an zuvor unerreichbaren Stellen. Als zusätzlicher Synergieeffekt können abgestimmte Tilgermechanismen zur Schwingungsunterdrückung beitragen.